Urteil vom 15.05.2025 -
BVerwG 2 WD 23.24ECLI:DE:BVerwG:2025:150525U2WD23.24.0
Dienstgradherabsetzung wegen Besitzes von 244 kinder- und jugendpornographischen Dateien
Leitsatz:
Bei der wehrdisziplinarrechtlichen Ahndung des Besitzes kinderpornographischer Bild- und Videodateien wirkt das Sammeln von Aufnahmen mit schwersten Missbrauchshandlungen erschwerend. Ein junges Alter der abgebildeten Kinder ist für eine Maßnahmeverschärfung regelmäßig nicht ausreichend.
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Rechtsquellen
WDO § 1 Abs. 3, § 38 Abs. 1, § 60 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 7, § 94 Abs. 1 Satz 1, § 143 Abs. 1 Satz 1, § 144 Abs. 4, § 151 Abs. 7 SG § 17 Abs. 2 Satz 3, § 22 StGB § 184b Abs. 3, § 184c Abs. 3 StPO § 327 -
Instanzenzug
TDG Nord 6. Kammer - 23.04.2024 - AZ: N 6 VL 7/24
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 15.05.2025 - 2 WD 23.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:150525U2WD23.24.0]
Urteil
BVerwG 2 WD 23.24
- TDG Nord 6. Kammer - 23.04.2024 - AZ: N 6 VL 7/24
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 15. Mai 2025, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister, Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke, ehrenamtlicher Richter Oberstleutnant Berger und ehrenamtlicher Richter Stabsunteroffizier Mammar, Leitender Regierungsdirektor ... als Vertreter der Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft, Rechtsanwalt ... als Verteidiger, Justizobersekretär ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
- Auf die Berufung des früheren Soldaten wird das Urteil der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 23. April 2024 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.
- Der frühere Soldat wird in den Dienstgrad eines Oberstabsgefreiten d.R. herabgesetzt.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der dem früheren Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.
Gründe
I
1 Das Verfahren betrifft die Ahndung des Besitzes kinder- und jungendpornographischer Dateien.
2 1. Der frühere, ... geborene Soldat trat ... seinen Grundwehrdienst an und leistete später Freiwilligen Wehrdienst. Im Dezember ... wurde er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und ... zum Stabsunteroffizier befördert. Seine Dienstzeit endete Dezember ...
3 Nach seiner Grundausbildung wurde er in die ... versetzt und ab April 2013 als Personalunteroffizier verwendet. Wegen der angeschuldigten Pflichtverletzungen erhielt er am 16. Juni 2020 ein Dienstausübungsverbot. Nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens wurde er im November 2021 vorläufig des Dienstes enthoben. Seit seinem Dienstzeitende erhält er um 30 Prozent gekürzte Übergangsgebührnisse.
4 Der frühere Soldat wurde nicht planmäßig beurteilt. In der Stellungnahme zum Antrag auf Erstverpflichtung vom 14. Mai 2012 heißt es, er habe sich schnell eingearbeitet und sehr gute Ergebnisse erzielt. Die Übernahme als Soldat auf Zeit werde mit besonderem Nachdruck empfohlen. In seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2022 beschreibt ihn sein nächster Disziplinarvorgesetzter als stets leistungsstarken Personalunteroffizier, der über ein ausgeprägtes soldatisches Berufsverständnis verfüge. Seine Leistungen seien stets von höchster Güte und erfüllten die Erwartungen der Vorgesetzten vollständig. Der frühere Soldat sei durch seine Leistungsbereitschaft, Belastbarkeit, seine offene und gelebte Kameradschaftlichkeit sowie seine integre Art in die Staffel fest integriert. Jenseits der straf- und disziplinarrechtlichen Anschuldigungen sei ihm ein durchgehend positives Leistungs- und Persönlichkeitsprofil zu attestieren. Im Dienstzeugnis vom 9. Januar 2023 heißt es, der Soldat sei ein integraler und engagierter Soldat, der Aufträge immer zur vollsten Zufriedenheit erfüllt habe.
5 Erstinstanzlich hat der ehemalige Disziplinarvorgesetzte ausgesagt, er habe keinen anderen Personalunteroffizier kennengelernt, der so leistungsstark gewesen sei und so beständig auf hohem Niveau gearbeitet habe wie der frühere Soldat. Er sei sehr diszipliniert und habe einen Vorgang nach dem nächsten weggearbeitet. Auch nach Bekanntwerden der Vorwürfe habe er kein anderes Bild von ihm im Dienst gewonnen. In der Berufungshauptverhandlung hat er diese Aussagen bekräftigt und ausgesagt, auch nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe habe der frühere Soldat weiterhin Leistungen auf hohem Niveau gezeigt. Nach dem aktuellen Bewertungssystem würde er dessen Leistungen mit "A 0" bewerten.
6 Wegen herausragender besonderer Leistungen wurden dem früheren Soldaten 2016 und 2018 Leistungsprämien gewährt. Er ist berechtigt, die Schützenschnur der Stufe 1 (Bronze) zu tragen.
7 Die Auskunft aus dem Zentralregister weist das Urteil des Amtsgerichts R. vom 7. Februar 2022 aus, mit dem der frühere Soldat wegen Besitzes und der Unternehmung, sich den Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, sowie wegen des Besitzes jugendpornographischer Schriften zu einer Gesamtgeldstrafe 2 975 € verurteilt worden ist.
8 Der frühere Soldat ist ledig und hat zwei Kinder. Nach dem Stand März 2024 erhält er monatliche Übergangsgebührnisse der Besoldungsgruppe A 7 von 2 938,46 € und - nach Einbehaltung von 30 Prozent - 1 643,54 € netto. Die Übergangsbeihilfe in Höhe von 18 174,54 € wird einbehalten. Als Personalleiter bei der ... erhält er ca. 3 000 € netto. Er lebt mit der Kindesmutter in eheähnlicher Gemeinschaft in einer Doppelhaushälfte ihrer Eltern. Das Gesamteinkommen der Familie beträgt 4 600 €, die finanziellen Verhältnisse sind geordnet und Schulden nicht vorhanden.
9 2. Im gerichtlichen Disziplinarverfahren hat das Truppendienstgericht dem früheren Soldaten mit Urteil vom 23. April 2024 das Ruhegehalt aberkannt.
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Der angeschuldigte Sachverhalt stehe wegen folgender Tatsachenfeststellungen im Urteil des Amtsgerichts R. vom 7. Februar 2022 bindend fest:
"1. Am 25.02.2019 um 21:36 Uhr sendete das Mitglied mit der Rufnummer +49... der WhatsApp-Chatgruppe 'XxX', in welcher der Angeklagte Mitglied war und die den Austausch von Bild- und Videodateien zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zum Gegenstand hatte, zwei Bilddateien an alle Nutzer der Gruppe, wodurch diese Dateien zumindest auch vorübergehend in den Besitz des Angeklagten gelangten, was dieser auch beabsichtigte. Die beiden Bilder zeigten jeweils nackte Mädchen im Alter von etwa 10 Jahren, die mit gespreizten Beinen auf dem Rücken liegen, so dass ihre Vagina jeweils im Zentrum der Aufnahme steht.
2. a) Auf den elektronischen Datenträgern des Angeklagten befanden sich mit seiner Kenntnis am 18.07.2019, dem Tag der Durchsuchung der Wohnräume des Angeklagten sowie seiner Person, insgesamt 75 Bild- und 85 Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt. Die Dateien zeigen ganz oder teilweise entkleidete Jungen und Mädchen beim vaginalen, oralen oder analen Geschlechtsverkehr mit anderen Minderjährigen oder Erwachsenen, der durchgeführten oder gestellten Selbstbefriedigung oder anderen durchgeführten oder realistisch gestellten eindeutigen sexuellen Handlungen, insbesondere dem künstlich gestellten unnatürlichen Hervorheben der entblößten Geschlechtsteile zum Zwecke der sexuellen Erregung des Betrachters. Die jeweils abgebildeten Kinder sind höchstens 13 Jahre alt, was dem Angeklagten auch bewusst war.
b) Auf den elektronischen Datenträgern des Angeklagten befanden sich zudem mit seiner Kenntnis am 18.07. 2019, dem Tag der Durchsuchung der Wohnräume des Angeklagten sowie seiner Person, insgesamt 82 Bild- und Videodateien mit jugendpornografischem Inhalt. Die Dateien zeigen ganz oder teilweise entkleidete Mädchen und Jungen beim vaginalen, oralen oder analen Geschlechtsverkehr mit anderen Minderjährigen oder Erwachsenen, der durchgeführten oder gestellten Selbstbefriedigung oder anderen durchgeführten oder realistisch gestellten eindeutig sexuellen Handlungen, insbesondere dem künstlich gestellten unnatürlichen Hervorheben der entblößten Geschlechtsteile zum Zwecke der sexuellen Erregung des Betrachters. Die jeweils abgebildeten Jungen und Mädchen sind höchstens 17 Jahre alt, was dem Angeklagten auch bewusst war."
11 Im Einzelnen hätten sich die genannten jugendpornographischen Inhalte auf dem Smartphone Samsung Galaxy Grand Prime (13 Bilder und 1 Video), dem Smartphone Samsung Galaxy S 2 (15 Bilder), dem Smartphone Samsung Galaxy A 6 (25 Bilder und 28 Videos), dem Notebook Acer (45 Bilder und 12 Videos) sowie der Micro-SD-Karte (8 Bilder) befunden.
12 In einem anderweitig geführten Ermittlungsverfahren sei festgestellt worden, dass der frühere Soldat eines der Mitglieder in einer Chatgruppe bei WhatsApp gewesen sei, in der kinder- und jugendpornographische Bild- und Videodateien ausgetauscht worden seien. Weitere Ermittlungen hätten ergeben, dass er in einem weiteren WhatsApp-Chat mit einem anderen Chatteilnehmer Dateien mit kinder- und jugendpornographischem Inhalt ausgetauscht habe. Auf dieser Grundlage sei eine Wohnungsdurchsuchung bei ihm erfolgt. Bei der Auswertung der dortigen Speichermedien seien die bezeichneten Dateien gefunden worden, die den sexuellen Missbrauch von Kindern auch im Vorschulalter zeigten.
13 Der frühere Soldat habe unter der verschärften Haftung als Vorgesetzter vorsätzlich und schuldhaft ein Dienstvergehen begangen. Er habe gegen seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 3 SG dadurch verstoßen, dass er kinder- und jugendpornographische Schriften besessen und damit Straftaten nach § 184b Abs. 3 und § 184c Abs. 3 StGB (in der Fassung von 2015) begangen habe.
14 Für die Bemessung der Maßnahme sei leitend, dass er durch sein Handeln die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordere, schwer beschädigt habe.
15 Das Dienstvergehen habe erhebliche Auswirkungen gehabt, weil es zu schwerwiegenden Verletzungen der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der in den Bildern dargestellten Kinder geführt habe. Die hohe Zahl der strafbaren Dateien bilde einen besonders erschwerenden Umstand. Denn der hohen Zahl der Dateien entspreche eine hohe Zahl an geschädigten Kindern und Jugendlichen. Die Beweggründe des früheren Soldaten seien eigennützig gewesen und ließen auf schwere Charaktermängel schließen. Das Maß seiner Schuld werde durch sein vorsätzliches Handeln bestimmt. Die lediglich im durchschnittlichen Bereich liegenden Leistungen entlasteten ihn nicht und eine Nachbewährung scheide aus, weil er mit Bekanntwerden seiner Verfehlungen vorläufig des Dienstes enthoben worden sei. Seine geständige Einlassung sei nicht mildernd einzustellen, weil er sie erst nach Auswertung der Speichermedien getätigt habe. Einsicht und Reue könnten nicht festgestellt werden, weil er an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen habe. Dass er disziplinarisch und strafrechtlich nicht vorbelastet sei, sei nur von geringem Gewicht.
16 Von der beim Besitz von Kinder- und Jugendpornographie regelmäßig auszusprechenden Dienstgradherabsetzung sei zur Höchstmaßnahme überzugehen. Denn der frühere Soldat habe Bilder besessen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern im Alter von drei bis vier Jahren zeigten. Wer sich in den Besitz derart grausamer Bilddateien bringe, trage zu schwerwiegenden Rechtsverletzungen aktiv bei und offenbare so erhebliche Charaktermängel, dass er untragbar sei. Hinzu trete die hohe Anzahl von insgesamt zirka zweihundert Dateien. Dabei indiziere das wiederholte Handeln eine Verfestigung sozialschädlicher Persönlichkeitsstrukturen.
17 3. Mit seiner auf die Maßnahmebemessung beschränkten Berufung begehrt der frühere Soldat eine mildere Disziplinarmaßnahme. Der Übergang zur Höchstmaßnahme sei auf Umstände gestützt worden, die nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, ohne gegen das Doppelverwertungsverbot zu verstoßen. Dies betreffe zunächst die Berücksichtigung des jungen Alters der Kinder. Auch dürfe der Orientierungsrahmen in der Regel nicht wegen Umständen überschritten werden, die bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichneten. Diese Umstände dürften grundsätzlich nur herangezogen werden, um innerhalb des Orientierungsrahmens Abstufungen zu begründen. Denn es seien deutlich weniger als 2 000 kinder- oder jugendpornographische Dateien betroffen.
18 4. Zu den Einzelheiten zur Person des früheren Soldaten, zur Anschuldigung und zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses, hinsichtlich der Zeugenaussagen auf die erst- und zweitinstanzlichen Sitzungsprotokolle und für die im Berufungsverfahren eingeführten Unterlagen auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung Bezug genommen.
II
19 Die zulässige Berufung ist begründet. Der Soldat ist nicht aus dem Dienstverhältnis zu entfernen, sondern im Dienstgrad herabzusetzen.
20 1. Da die Berufung sich gegen ein Urteil richtet, das vor dem 1. April 2025 verkündet worden ist, sind gemäß § 151 Abs. 7 WDO in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung weiterer soldatenrechtlicher Vorschriften (3. WehrDiszNOG) vom 17. Dezember 2024 (BGBl. 2024 Nr. 424) die §§ 120 bis 124 WDO in der zuletzt durch Gesetz vom 20. August 2021 (BGBl. I S. 3932) geänderten Fassung anzuwenden (WDO a. F.); im Übrigen finden die Vorschriften der WDO in der ab dem 1. April 2025 maßgeblichen Fassung Anwendung.
21 2. Die Beschränkung der Berufung auf die Überprüfung der Disziplinarmaßnahme ist nicht etwa deshalb unstatthaft, weil die dem Schuldspruch des Truppendienstgerichts zugrunde liegenden Feststellungen unklar und so dürftig wären, dass sich Art und Umfang der Schuld nicht in dem zur Überprüfung der Disziplinarmaßnahme notwendigen Maße bestimmen ließen (vgl. BVerwG, Urteile vom 4. März 2020 - 2 WD 3.19 - juris Rn. 12 m. w. N. und vom 10. April 2025 - 2 WD 34.24 - Rn. 19; BGH, Urteil vom 23. Mai 2024 - 4 StR 234/23 - juris Rn. 9 m. w. N.). Zwar vermittelt das Urteil auf Seite 6 zunächst den Eindruck, es habe die in einem anderen Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse über Verhaltensweisen des früheren Soldaten als ebenfalls angeschuldigt zugrunde gelegt. Angesichts der klaren Urteilsstruktur, bei der die unter III. beschriebenen Umstände des anderen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei der unter V. erfolgten Maßnahmebemessung keine Erwähnung mehr finden, wird jedoch deutlich, dass das Truppendienstgericht sie nicht seiner Maßnahmebemessung zugrunde gelegt hat. Dies wäre auch unzulässig gewesen. Denn Umstände, die für sich genommen eine selbstständige Dienstpflichtverletzung begründen, aber nicht Teil des in der Anschuldigungsschrift vorgeworfenen einheitlichen Dienstvergehens geworden sind, dürfen bei der Bemessungsentscheidung nicht belastend berücksichtigt werden (BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 2 WD 10.19 - juris Rn. 51).
22 Ohne Bedeutung für die innere Widerspruchsfreiheit des Urteils sind auch die Zahlenunterschiede bei der Auflistung der jugendpornographischen Dateien. Dass der festgestellte Gesamtwert deutlich niedriger ist als die Summe der auf den Datenträgern gefundenen Dateien ist theoretisch (z. B. bei Dubletten) möglich, auch wenn dies hier nur auf einem bereits in der Anschuldigungsschrift enthaltenen Versehen beruht. Das Urteil geht jedenfalls erkennbar von der Maßgeblichkeit des Gesamtwertes aus. Ebenfalls ohne Bedeutung für die Schlüssigkeit des Urteils ist es, dass an mehreren Stellen von einem Strafbefehl die Rede ist. Denn es wird erkennbar von der Verurteilung des Soldaten im Urteil des Amtsgerichts R. vom 7. Februar 2022 ausgegangen.
23 3. Aufgrund der Tat- und Schuldfeststellungen des Truppendienstgerichts steht für den Senat somit bindend fest, dass der frühere Soldat die vom Truppendienstgericht bezeichneten Taten begangen und dadurch vorsätzlich seine Pflicht zu außerdienstlichem Wohlverhalten nach § 17 Abs. 2 Satz 3 SG verletzt hat. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung hat der Senat seiner Entscheidung gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 WDO i. V. m. § 327 StPO grundsätzlich die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des Truppendienstgerichts zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Dabei erfasst die Bindungswirkung auch die konkreten Straftatbestände, aus denen das Truppendienstgericht die disziplinarische Relevanz - vorliegend § 184b Abs. 3, § 184c Abs. 3 StGB - abgeleitet hat (BVerwG, Urteil vom 17. September 2024 - 2 WD 5.24 - juris Rn. 22 m. w. N.; zum Verstoß gegen § 7 SG: Urteil vom 23. April 2015 - 2 WD 7.14 - juris Rn. 33). Dabei ist von einer Gesamtzahl von 244 und nicht von 290 Dateien auszugehen wie sie sich aus der Addition der "im Einzelnen" dargelegten Datenträger ergäbe. Denn das Truppendienstgericht ist ausweislich Seite 12 des Urteils von zirka zweihundert inkriminierten Dateien ausgegangen und nicht von etwa (annähernd) 300, so dass es seiner Bemessungsentscheidung die konkreten Zahlen in der Anschuldigung (Anschuldigungspunkt 1: 2; Anschuldigungspunkt 2a: 160; Anschuldigungspunkt 2b: 82) zugrunde gelegt hat.
24 4. Die wegen der maßnahmebeschränkten Berufung nur noch vorzunehmende Bemessung der Disziplinarmaßnahme bestimmt sich nach der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin der Bundeswehr", vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juni 2008 - 2 WD 11.07 - juris Rn. 23 m. w. N.). Bei der Bemessung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme sind nach § 60 Abs. 7 i. V. m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen. Im Einzelnen geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus.
25 a) Auf der ersten Stufe bestimmt er zwecks Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie zur Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die betreffende Fallgruppe als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Diese besteht beim Besitz kinder- und jugendpornographischer Dateien und dem Sichverschaffen des Besitzes in einer Dienstgradherabsetzung nach § 60 Abs. 2 Nr. 3 WDO (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 WD 4.19 - juris Rn. 13 ff.).
26 b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die genannten Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Einzelfallumstände vorliegen, die ein Abweichen von der Regelmaßnahme der Dienstgradherabsetzung gebieten. Anders als vom Truppendienstgericht angenommen, liegen sie nicht vor.
27 aa) Der Übergang zur Höchstmaßnahme ist nicht bereits wegen 244 inkriminierter Dateien geboten. Der Senat hat dies bei 2 000 Dateien bejaht (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2018 - 2 WD 10.18 - DVBl. 2019, 307 <311>), allerdings nicht bereits bei 400 Dateien (BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2019 - 2 WDB 1.19 - Rn. 15). Darüber hinaus hat er nicht ausgeschlossen, dass selbst bei 2 000 Dateien zugunsten des Soldaten sprechende Bemessungsparameter ein Abweichen von der Höchstmaßnahme gebieten können. Nachdem er beim Besitz von 85 kinder- und jugendpornographischen Dateien von einer Deliktsschwere im unteren Bereich ausgegangen (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 WD 4.19 - Rn. 22) ist und auch bei etwa 150 kinder- und jugendpornographischen Dateien an der Dienstgradherabsetzung als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen festgehalten (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 WD 4.19 - juris Rn. 11 und 17) hat, besteht auch bei 244 Dateien kein Grund, davon abzuweichen.
28 bb) Ebensowenig gebietet das junge (Vorschul-)Alter der pornographisch missbrauchten Kinder den Übergang zur Höchstmaßnahme. Dies folgt noch nicht zwingend aus dem Gebot, dass Umstände nicht erschwerend eingestellt werden dürfen, die bereits den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bestimmt haben (BVerwG, Urteile vom 19. Mai 2016 - 2 WD 13.15 - juris Rn. 65, vom 30. Januar 2017 - 2 WD 1.16 - juris Rn. 82, vom 14. Mai 2019 - 2 WD 24.18 - juris Rn. 25, vom 4. März 2021 - 2 WD 11.20 - juris Rn. 59, vom 17. September 2024 - 2 WD 5.24 - juris Rn. 37 und vom 5. Dezember 2019 - 2 WD 29.18 - juris Rn. 23). Auch der für das Disziplinarrecht der Beamten zuständige 2. Senat hat sich in seinen - vom früheren Soldaten zitierten - Entscheidungen in diesem Sinne positioniert (BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - NVwZ-RR 2015, 50 Rn. 49 und vom 14. Mai 2012 - 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10). Dem entspricht, dass der BGH bei dem sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Kindern annimmt, ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB dürfe das Alter des Kindes strafverschärfend berücksichtigt werden, wenn es deutlich von der Schutzaltersgrenze entfernt liege (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 2 StR 509/13 - juris Rn. 16).
29 Denn die Aussage bezieht sich auf Straftatbestände, die ein unmittelbar und konkret betroffenes Kind und dessen Lebenssituation in den Blick nehmen, während die vorliegend verwirklichten Straftatbestände nur mittelbar dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienen. Da § 184b Abs. 2 bis 4 wie § 184c Abs. 2 StGB (2015) selbständige Delikte darstellen, die der mittelbaren Förderung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen entgegenwirken sollen (Fischer, StGB, Kommentar, 72. Aufl. § 184b Rn. 2; BT-Drs. 12/3001, S. 5, BT-Drs. 16/3439; BT-Drs. 19/23707, S. 1, 41) und der Gesetzgeber eine Differenzierung ausschließlich zwischen Kindern (§ 184 b StGB 2015) und Jugendlichen (§ 184c StGB 2015) vornimmt, ist bei diesen Delikten ein stärker pauschalierender Ansatz geboten. Weil der hier im Raum stehende Besitz von 200 bis 300 Dateien nicht selten ist und der Erwerb kinder- und jugendpornographischer Dateien zumeist ohne exakte Kenntnis des Inhalts erfolgt, kann das (mutmaßlich) geringe Alter auf einzelnen Dateien nicht als besonders erschwerender Umstand angesehen werden. Zudem ist eine exakte Zuordnung eines abgebildeten Kindes zu einem bestimmten Alter häufig schwierig und ein besonders schutzwürdiges Alter gesetzlich nicht vorgegeben. Daher ist es nicht geboten, auf der zweiten Bemessungsstufe eine weitere Differenzierung nach dem (konkreten) Alter der Kinder vorzunehmen und ein junges Kindesalter als erschwerenden Umstand zu gewichten.
30 Hingegen muss es als besonders erschwerend gewichtet werden, wenn Bild- oder Videodateien nicht nur wirklichkeitsnahe, also z. B. nachgestellte Szenen, sondern reale Geschehnisse wiedergeben, die schwerste Missbrauchshandlungen zum Gegenstand hatten, die von den betroffenen Kindern tatsächlich erlitten werden mussten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 - 2 StR 461/08 - NStZ-RR 2009, 103 und vom 22. Mai 2023 - 4 StR 124/23 - juris Rn. 4). Die Nachfrage nach solcher harter Kinderpornographie verstärkt die Produktion entsprechender Aufnahmen und das Leiden der betroffenen Kinder. Daher ist auch das Sammeln und der Besitz solcher Dateien maßnahmeschärfend zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sind solche Videodateien im Beweismittelordner (Sonderheft) V der Staatsanwaltschaft R. zu finden.
31 cc) Im vorliegenden Fall ist nicht erschwerend einzustellen, dass der frühere Soldat vorläufig vom Dienst suspendiert worden ist. Denn diese Maßnahme war rechtswidrig. Steht - wie hier - lediglich eine Herabsetzung im Dienstgrad zu erwarten, ist die vorläufige Dienstenthebung nur verhältnismäßig, wenn beim Verbleiben des Soldaten im Dienst eine erhebliche Störung des Dienstbetriebs droht (BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2019 - 2 WDB 2.19 - NVwZ-RR 2020, 694 Rn. 11). Nichts Anderes gilt für ein auf disziplinarrechtliche Gründe gestütztes Dienstausübungsverbot nach § 22 SG (BVerwG, Urteil vom 2. Mai 2024 - 2 WD 12.23 - Rn. 35, Beschluss vom 29. Februar 2024 - 1 WB 22.23 - NVwZ 2024, 1178 Rn. 28 f.). Gegen den früheren Soldaten wurde wegen der im Juli 2019 bekannt gewordenen Pflichtverletzungen erst unter dem 16. Juni 2020, mithin nach fast einem Jahr, ein Dienstausübungsverbot nach § 22 SG und erst unter dem 25. November 2021, mithin nach zwei Jahren, die vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen. Dies begründet durchgreifende Zweifel daran, dass bei einem (weiteren) Verbleiben des Soldaten im Dienst der Dienstbetrieb empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet wäre (BVerwG, Urteil vom 23. April 2020 - 2 WD 4.19 - juris Rn. 27). Dies gilt umso mehr, als nach Aussage des Disziplinarvorgesetzten in der Berufungshauptverhandlung das Dienstvergehen in der Einheit nicht bekannt geworden ist.
32 dd) Soweit es das Maß der Herabsetzung im Dienstgrad betrifft, ist in Anlehnung an die im Urteil vom 23. April 2020 - 2 WD 4.19 - Erwägungen zwar von einer dreistufigen Herabsetzung auszugehen. Da die Dateien schwere Fälle des Missbrauchs aufweisen, erhöht sich die Degradierungstiefe jedoch um eine weitere Stufe, womit - bei Außerachtlassung der Dienstgrade Stabskorporal und Korporal (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 2021 - 2 WD 22.20 - juris Rn. 36) – eine Herabsetzung in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten (d.R.) geboten wäre. Die Darstellung schwerer Missbrauchsfälle (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2020 - 2 WD 20.19 - juris Rn. 39) ergibt sich insbesondere daraus, dass Gegenstand mehrerer Dateien die Darstellung eines Eindringens in den Körper von Kindern war (vgl. auch Vermerk der KPI R. vom 11. November 2020 (S. 2)). Diesen Umstand erschwerend zu gewichten verstößt auch nicht gegen das Doppelverwertungsverbot (BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2008 - 2 StR 461/08 - NStZ-RR 2009, 103 Ziffer 2 und vom 11. März 2015 - 4 StR 570/14 - juris).
33 ee) Zugunsten des früheren Soldaten streiten sowohl seine dienstlichen Leistungen (1) als auch die unangemessen lange Verfahrensdauer (2). Zwar erlangen sie kein solches Gewicht, dass auf eine mildere Disziplinarmaßnahmeart (Herabsetzung in die niedrigere Besoldungsgruppe A6, § 60 Abs. 2 Nr. 2 WDO) überzuleiten wäre; jedoch verlangen sie beim Maß der Degradierung eine zweifache Reduzierung, so dass der frühere Soldat in den Dienstgrad eines Oberstabsgefreiten d.R. herabzusetzen ist. Die Disziplinarmaßnahme ist auch statthaft, da der frühere Soldat noch bis Ende 2025 Übergangsgebührnisse erhält und seine Übergangsbeihilfe einbehalten wird, wodurch er nach § 1 Abs. 3 WDO als Soldat im Ruhestand gilt.
34 (1) Anders als vom Truppendienstgericht angenommen, hat der frühere Soldat nicht lediglich durchschnittliche Leistungen erbracht. Bereits erstinstanzlich hat der ehemalige Disziplinarvorgesetzte ausgeführt, er habe keinen anderen Personalunteroffizier kennengelernt, der so leistungsstark gewesen sei und auf beständig hohem Niveau gearbeitet habe. In der Berufungshauptverhandlung hat er diese Aussage bekräftigt und betont, seine Beurteilung habe sich insbesondere im Vergleich zum direkten Nachfolger des früheren Soldaten und dem damit verbundenen Abfall der Leistungskurve bestätigt. Die Leistungen des früheren Soldaten seien auch nach Bekanntwerden der Vorwürfe auf dem gleichen Leistungsniveau geblieben, das er nach dem alten Beurteilungssystem mit 13 Punkten und nach dem neuen Beurteilungssystem mit "A 0" beurteile. Damit erfüllt der frühere Soldat die Voraussetzungen einer Nachbewährung als klassischen Milderungsgrund (BVerwG, Urteil vom 4. März 2021 - 2 WD 11.20 - NVwZ-RR 2021, 807 Rn. 54). Dies rechtfertigt es für sich genommen bereits, auf eine Degradierungsstufe zu verzichten.
35 (2) Mildernd einzustellen ist des Weiteren die Überlänge des Verfahrens (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Mai 2024 - 2 WD 12.23 - Rn. 44 bis 52 und vom 19. März 2025 - 2 WD 18.24 - Rn. 64 f.). Nachdem der Disziplinarvorgesetzte durch die Polizei im Juli 2019 Kenntnis von dem Dienstvergehen erlangt hatte und disziplinarische Vorermittlungen aufgenommen worden waren, wurde das Verfahren zwar erst mit Verfügung vom 25. November 2021 eingeleitet. Da dies jedoch geschah, um die - dann auch unter dem 5. Oktober 2021 erfolgte - staatsanwaltschaftliche Anklageerhebung abzuwarten, bleibt dieser Zeitraum außen vor (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 WD 25.18 - juris Rn. 25, vom 14. Oktober 2021 - 2 WD 26.20 - juris Rn. 54, vom 2. Mai 2024 - 2 WD 12.23 - BVerwGE 182, 290 Rn. 47 und vom 17. Dezember 2024 - 2 WD 11.24 - juris Rn. 41). Dasselbe gilt für den Zeitraum zwischen Verfahrenseinleitung am 25. November 2021 bis zur Vorlage der Anschuldigungsschrift vom 15. September 2022, weil der frühere Soldat keinen Rechtsbehelf nach § 101 WDO a. F. ergriffen hat und das Verfahren mit der Einleitungsverfügung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens unangefochten ausgesetzt worden war.
36 Der Zeitraum vom Eingang der Anschuldigungsschrift im September 2022 bis zum Urteil im April 2024 - also 19 Monate - ist unter Zugrundelegung einer hier angemessenen einjährigen Bearbeitungsfrist angesichts der Bedeutung der Sache für den früheren Soldaten und des in tatsächlicher Hinsicht geklärten Sachverhalts um 7 Monate überlang. Dabei beruht diese Verzögerung auf der gerichtsbekannten Überlastung der Truppendienstgerichte und damit auf Umständen, die in die staatliche Verantwortungssphäre fallen. Über die am 24. Juni 2024 eingelegte Berufung des früheren Soldaten wurde im Mai 2025 entschieden, so dass bei Zugrundelegung einer einjährigen Bearbeitungsfrist hier keine Verzögerung eintrat. Angesichts der Überlänge des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens entsprach es der Billigkeit, die an sich gebotene Degradierung um einen Dienstgrad abzumildern.
37 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 144 Abs. 4 WDO.